bochum macht spaß
Foto: Mondpalast

Mondpalast Wanne-Eickel

Ein Interview mit Prinzipal Christian Stratmann

Interview:

Oliver Bartkowski

Fotos:

Mondpalast

Foto: Mondpalast

Das Volkstheater ist im Ruhrgebiet eine feste Größe. Eines der bekanntesten und beliebtesten Häuser ist mit Sicherheit der Mondpalast in Wanne-Eickel, nur wenige Minuten von Bochum entfernt. Viele Bochumerinnen und Bochumer haben in den letzten Jahren die unterhaltsamen Theaterstücke im Mondpalast besucht. Wir sprachen mit Gründer und Prinzipal Christian Stratmann über die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft.

Herr Stratmann, dreizehn Jahre Mondpalast sind eine lange Zeit. Hat sich das Haus so entwickelt, wie Sie es sich vorgestellt haben?
Auf jeden Fall. Wenn mir damals eine gute Fee prophezeit hätte, dass einmal mehr als eine Million Gäste nach Wanne-Eickel kommen würden, allen voran der ehemalige Bundespräsident Horst Köhler, um sich im Mondpalast köstlich zu amüsieren, hätte ich sie ausgelacht. Nehmen wir nur die Premierenkomödie „Ronaldo & Julia“: Damit hatten wir 2004 einen sagenhaften Start, sogar die ARD-Tagesthemen waren da. Heute spielen wir dieses Stück immer noch, mit Standing Ovations bei jeder Vorstellung. Als der WDR im April 2016 zu uns kam, um „Ronaldo & Julia“ für das Fernsehen aufzuzeichnen und das Stück dann als Einstimmung auf das Revierderby Schalke gegen Dortmund in der Primetime zu senden, ist für mich ein Traum in Erfüllung gegangen.

Warum haben Sie sich damals für den Standort Wanne-Eickel entschieden?
Wanne-Eickel kennt in Deutschland jeder. Der Name steht als Synonym für alles, was als „typisch Ruhrgebiet“ angesehen wird und gleichzeitig für diesen unvergleichlich trockenen, ehrlichen und immer ein bisschen respektlosen Humor der Region. Ich habe oft erlebt, dass die Menschen außerhalb des Ruhrgebiets schmunzeln, wenn sie Wanne-Eickel hören. Viele summen dann auch den Schlager „Der Mond von Wanne-Eickel“. Meine Idee war, beides zu verbinden und Wanne-Eickel etwas zu geben, was niemand dort erwartet: einen Palast. Dass ich meinen Mondpalast dann gefunden habe, verdanke ich der damaligen Kulturdezernentin Dr. Dagmar Goch. Sie rief mich aus heiterem Himmel an und machte mich auf den noch leerstehenden Städtischen Saalbau aufmerksam. Ein Besuch vor Ort reichte, um mich zu überzeugen.

Was macht den Erfolg des Theaters aus?
Unser Erfolg hat ein festes Fundament: Da sind zum einen die unverwechselbaren Komödien von unserem Hausautor Sigi Domke, die es so nur im Mondpalast und an keinem anderen Ort zu sehen gibt. Zum anderen haben wir ein wunderbares, unglaublich spielfreudiges festes Ensemble, viele der Künstler sind übrigens seit Gründung im Mondpalast engagiert. Die Mondpalast-Regisseure – anfangs Gründungsintendant Thomas Rech und heute Ekki Eumann als Künstlerischer Leiter – begeistern unsere Gäste mit modernen Volkstheater-Inszenierungen, die stets höchst unterhaltsam sind und sich gleichzeitig einem ernsten, zeitgemäßen Thema widmen. Als Prinzipal trage ich die Verantwortung dafür, dass ein Besuch im Mondpalast vom ersten bis zum letzten Moment zu 100 Prozent unterhaltsam ist. Dieses „Rundum-vergnüglich-Paket“ beginnt mit einer persönlichen Beratung beim Kartenkauf und hört beim frischen Bierchen in der Pause noch lange nicht auf. Wir denken uns ständig neue Überraschungen aus, um die Gäste zu begeistern.


Und dass Sie noch immer, wenn Sie zeitlich können, jeden Gast persönlich begrüßen?
Die persönliche Begrüßung durch den Prinzipal beim Eintritt ins Theater ist natürlich so etwas wie unser Markenzeichen. Wenn es meine Zeit erlaubt, stehe ich an der Eingangstür und nehme mit viel Hallo die Eintrittskarten entgegen. Damit zeigen wir, dass der Mondpalast ein Gesicht hat. Wir sind ein frei finanziertes, inhabergeführtes Theater, in dem Menschen Verantwortung tragen. Ich stehe mit meinem guten Namen für Gastlichkeit, Unterhaltung und Qualität auf hohem Niveau. Gleichzeitig erfahre ich so viel im Gespräch mit meinen Gästen. Ihre Wünsche und Anregungen helfen uns dabei, das Theatererlebnis im Mondpalast immer weiter abzurunden.

Manch einer sagt, Sie hätten das Volkstheater gerettet. Zuviel der Ehre oder ist da etwa dran? Ihr Bruder macht in Essen ja auch keinen schlechten Job.
Wir sind beide erfolgreich in dem, was wir tun, und haben einen Riesenspaß dabei. Allerdings lassen sich die beiden Theater nicht vergleichen. Mein Bruder Ludger ist ein hervorragender Kabarettist, der selbst auf der Bühne steht. Mit Schauspiel jedoch hat er nichts am Hut. Der Mondpalast dagegen ist Volkstheater im besten Wortsinn, mit einem festen Ensemble, mit Repertoire und Premieren. Ob wir im Mondpalast das Volkstheater gerettet haben, vermag ich nicht zu beurteilen. Fest steht aber, dass wir dem Ruhrgebiet endlich ein Volkstheater geschenkt haben, das die Menschen versteht und das von den Menschen verstanden wird. Es ist für sie ein Stück Heimat geworden, ein Ort der Identifikation. Ich sorge mit meinem Team dafür, dass das so bleibt – künstlerisch und wirtschaftlich. Auf der Bühne sieht man mich deshalb nur einmal im Jahr – als „Omma Soffie“ in „Dinner vor Wan(ne)“, unserem Silvester-Knaller. Und das ist auch gut so.

Braucht man Stars, um das Publikum zu locken?
Der Mondpalast von Wanne-Eickel ist ein gutes Beispiel dafür, dass ein Theater keine Stars braucht, um erfolgreich zu sein. Es braucht ein zündendes Konzept, mitreißende Komödien, ein spielfreudiges Ensemble und gute Regisseure. Viele Jahre lang war der Prinzipal ganz bewusst das bekannteste Gesicht des Mondpalastes, mittlerweile haben sich Silke Volkner, Martin Zaik, Axel Schönnenberg oder Heiko Büscher zu echten Volksschauspielern entwickelt und eigene Fangemeinden entwickelt. Die Leute kommen, um sie spielen zu sehen.

Bundesverdienstkreuz am Bande 2002, Innovationspreis der SPD 2003, Beschäftigungsförderungspreis 2004 des Solidarfonds und „Kopf des Jahres 2012“ beim Essener Marketingclub: Das sind Auszeichnungen, die man nicht nebenbei verliehen bekommt. Sie kennen die Kulturszene in der Umgebung ziemlich gut. Was läuft richtig, was könnte verbessert werden?
Vieles läuft im Ruhrgebiet derweil richtig. Die kreative Szene hat in den letzten Jahren enorm an Schwung aufgenommen und auch gewonnen. Mit Verbesserungsvorschlägen will ich mal nicht um die Ecke kommen. Ich freue mich darüber, dass das Ruhrgebiet seine Minderwertigkeitskomplexe
hinter sich gelassen hat. Da müssen wir halt alle am Ball bleiben und durch Kreativität und Innovationen auf uns aufmerksam machen.
 
Wie sieht es mit der Nachwuchsförderung aus und tun Sie auch etwas in diesem Bereich. Haben ganz junge Kreative eine Chance bei Ihnen?
Über die Jahre hat sich der Mondpalast zu einer der ersten Adressen entwickelt, wenn sich junge Schauspieler im Ruhrgebiet bewerben. Ihre Chancen sind gut, da es nach zwölf Jahren im Ensemble Fluktuation gibt und wir zuweilen Bedarf für eine zweite Besetzung haben. In solchen
Fällen können wir mittlerweile aus einer Vielzahl hochkarätiger Bewerbungen wählen. Gleichzeitig suchen junge Schauspieltalente immer wieder den Kontakt zu unserem Gründungsintendanten Thomas Rech, der den Nachwuchs seit Jahren erfolgreich für die Aufnahme an Schauspielschulen fit macht. Die ersten Schritte auf der Theaterbühne machen die jungen Künstler nicht selten bei uns, bevor sie sich nach bestandener Prüfung in die weite Welt aufmachen. Natürlich halten wir Kontakt und hoffen darauf, dass wir sie nach ihrer Ausbildung einmal im Mondpalast wiedersehen – als Stars von morgen.

Was dürfen wir in der nahen Zukunft von Ihnen und dem Mondpalast erwarten? Ein Stück, in welchem Sie gemeinsam mit Ihrem Bruder Ludger Stratmann auftreten?
Eine witzige Idee, „Lutti“ und ich sollten einmal darüber nachdenken. Geplant ist jedoch nichts. Aber man soll ja niemals nie sagen.

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