bochum macht spaß
Foto: Steamhammer

Jasper van‘t Hof | Pianist von Weltruf

Gespräch mit einem Pianisten von Weltruf

Interview: Heinrich Brinkmöller-Becker

Fotos: Heinrich Brinkmöller-Becker

Foto: Heinrich Brinkmöller-Becker

Er gehört zu den ganz großen europäischen Jazz-Pianisten und mit seiner Band „Pili Pili“ war er in den 80-er Jahren so erfolgreich, dass er gleich mal ein neues Genre erfand. Bei Pili Pili wurden zum ersten Mal die komplexen traditionellen Rhythmen Afrikas mit Gesang, Jazz und Fusion gemischt. Eine neue Art von Weltmusik war geboren. Am 10. Juni kommt der große niederländische Meister der 88 Tasten für ein exklusives Solo-Konzert in das  Bochumer Kunstmuseum. Der Bochumer Fotograf und geschätzte Jazz-Experte Heinrich Brinkmöller-Becker traf den sympathischen Musiker zum Interview.

Jasper, Du bist ein Multi-Stilist: Bebob, Free Jazz, Groove Jazz, Jazz Rock, Fusion, Weltmusik... Du giltst als Erneuerer der europäischen Jazzszene mit  unablässigem Erneuerungsdrang. Welche dieser Entwicklungen war bisher für Dich persönlich die Wichtigste?
Der Stil ist nie von vornherein die Basis dafür, was Du spielst oder spielen möchtest, aber Deine Umgebung gibt Dir Fragen, worauf Du mit Deinem Instrument eine Antwort gibst. Musizieren ist ein Gespräch, ein Geben und Nehmen, Fragen und Antworten. Die Improvisation passiert zwischen den Musikern auf der Bühne. Wenn Du nicht im Stande bist, Dein Gegenüber zu verstehen, bist Du nicht der richtige Musiker für ihn (oder er bzw. sie für Dich ?..). Alle Deine vorher beschriebenen Stile sind „understanding basics“, sowohl für den Musiker, als auch auch für das Publikum. Man kann (leider) nicht erwarten, dass ein Teenager zu einem Bebop-Konzert geht; other time, other people, eine andere Gesellschaft. Das Publikum unter 50 Jahren kommt nur aus Neugier, Interesse und Geisteserweiterung. Wir Jazzmusiker müssen riesig dafür kämpfen, diese Generation nicht zu verlieren.

Remscheid war für Deine Karriere als Musiker ein wichtiger Meilenstein. Warum gerade Remscheid?
Wegen des Sommerkurses in Küppelstein an der Musischen Bildungsstätte, damals geführt u.a. von Bruno Tetzner, wo internationale Spitzenmusiker für zwei Wochen eingeladen wurden, um zu unterrichten, ein wirklicher “BRAIN BOOST”.

Du hast mit unzählig vielen Musikern weltweit zusammengearbeitet und bist deshalb bestens vernetzt. Täuscht der Eindruck, dass bei Deinen Besetzungen das Saxophon bzw. die Saxophonisten eine besondere Rolle spielen?
Stimmt, da täuscht Du Dich nicht. Das Saxophon spielt bei Pop, Rock und klassischer Musik kaum eine Rolle. Es ist ein Instrument, bei dem man fast sagen könnte, es ist für den Jazz geschaffen. Meine musikalischen „Lebens-Begleiter“ sind immer noch sehr oft John Coltrane (daher meine Liebe für McCoy Tyner) und Sonny Rollins, aber immer, immer auch Miles. Wie Miles in seinem Denken dem Saxophon Raum ließ, die Farbe nutzte. Bei ihm passen für mich gefühlsmäßig die Saxophonisten zur Unterstützung seines Denken sehr gut ins Bild. Seine Musik brauchte das.

Schmerzt es Dich, wenn Leute mit Deinem Namen ausschließlich Pili Pili verbinden?
Nein, überhaupt nicht. Vorher habe ich davon gesprochen, wie man im Jazz eine andere Generation erreichen kann, ohne sich zu verleugnen. Da ist es mir gelungen. Ich spiele bei Pili Pili meine Soli genau so, wie auch im Duo z.B. mit Philip Catherine, Tony Lakatos oder Ernie Watt oder meine Solo-Axioma-Konzerte.

Du hast mit vielen Größen des Jazz zusammen gespielt, aber auch eine Reihe von Solo-Projekten umgesetzt. Du spielst Alles, was Tasten hat. Hast Du da besondere Vorlieben entwickelt?
Die Vorliebe wurde sozusagen schon entwickelt, als ich 5 Jahre alt war und ist bis heute geblieben, die andere Vorliebe ist immer das Schlagzeug gewesen. Heimlich spiele ich liebendgerne dieses Instrument und entdecke ab und zu, dass man auch mit einem Klavier rhythmische Lücken füllen kann.

Wenn Du Deine Karriere heute Revue passieren lässt, wäre sie Deiner Meinung nach unter heutigen Bedingungen so möglich?
Sicher, aber völlig anders. Das Internet ist unsere neue Plattform. Bist Du im Internet groß, dann erst bist Du auch „on the road“ groß und bekommst Live Acts. Rundfunk, Fernsehen und Zeitungen sind kein Thema mehr als Basis-Unterstützung, die Leute im kulturellen Bereich bewegen sich nur noch über das Internet.

Was hältst Du für die interessantesten Neuentwicklungen in der Musik?
Ich bin begeistert von der unglaublichen Virtuosität der Musiker, von ihrem Know how in der Musik, wodurch schöne und extreme Ideen entstehen! Es gibt aber kaum noch Journalisten, die im Stande sind, das zu hören und so zu entdecken, dabei brauchen wir das Medium für die öffentliche Wahrnehmung.

Du warst häufig Dozent an verschiedenen Konservatorien wie Groningen, Arnheim, Utrecht und längere Zeit in Basel. Welche Erfahrungen hast Du mit jungen Musikerinnen und Musikern gemacht? Was war Dir besonders wichtig, den jüngeren Musikern zu vermitteln?
Es ist für einen sogenannten „Arrivé“ immer ein Gottesgeschenk mit jungen Menschen zu arbeiten. Man verliert dadurch den Kontakt zur Gesellschaft nicht und entdeckt neue Wege, neue Ein- und Ansichten und das immer wieder. Zum Vermitteln ist das Wort PASSION die Grundlage der Kunst, man kann eben nicht ein kleines bisschen ein Künstler sein, entweder Du bist es total, voll oder überhaupt nicht. Es gibt keinen Zwischenweg!

Kannst Du zu Deinem Auftritt im Juni in Bochum schon etwas verraten?
Es wird Material u.a. von meiner Axioma-Solo-CD gespielt, aufgenommen bei Jaro Records aus Bremen und Pseudopodia, einer Duo-CD mit Bob Malach (sax) von der Firma In und Out aus Freiburg.


Diesen Artikel und viele weitere spannende und unterhaltsame Beiträge zum Thema Jazzmusik finden Sie, liebe Leser auf: www.nrwjazz.net

Tickets für das Konzert am 10. Juni im Bochumer Kunstmuseum können Sie per E-Mail für 25 Euro das Stück bei info@wunderbar-marketing.de bestellen oder bei ELPI im Saturn, im WAZ Ticketshop oder im Bo-Marketing Ticketshop auf der Huestraße kaufen.

Zurück