bochum macht spaß
Foto: Tim Thiel | ZDF

Aus dem Pott hinaus in die Welt

Ein exklusives Interview mit Aktenzeichen XY...ungelöst Moderator Rudi Cerne

Interview:

Oliver Bartkowski

Fotos:

Tim Thiel | ZDF

Foto:Tim Thiel | ZDF

Als Eiskunstläufer war er ein Star, später bei Holiday on Ice ebenfalls und als Sport-Moderator nicht minder. Seinen endgültigen Durchbruch schaffte Rudi Cerne aber als Moderator der Kultsendung Aktenzeichen XY...ungelöst und spätestens seit der Übernahme dieses legendären Formates ist Cerne der vielleicht beliebteste TV-Moderator Deutschlands. Geboren und aufgewachsen in Wanne ist Rudi Cerne ein Paradebeispiel für einen bodenständigen, fleißigen und sympathischen Ruhrpottler. Für Rudi Cerne passt der Satz : „Hier, wo das Herz noch zählt.“ wie die berühmte Faust aufs Auge.

Aus Herne hinaus in die große Welt. Wie lange haben Sie dort gelebt und wieviel Ruhrpott steckt heute noch in Ihnen Herr Cerne?

Ich bin auf Kohle geboren und es steckt sehr viel Ruhrpott in mir. Ich bin ein Kirmeskind aus Wanne-Nord und an jedem 1. Freitag im August werde ich etwas kribbelig und nervös. Das kann nicht jeder nachvollziehen, aber wenn man dort aufgewachsen ist, dann hat man halt diese Gene (lacht). Immer wenn ich dort bin kommen sofort Kindheitserinnerungen in mir hoch, schließlich habe ich ja bis zu meinem 29-ten Lebensjahr in Wanne gelebt.

Haben Sie in Bochum studiert?

Ich habe kurzfristig mal in Dortmund Sport und Biologie studiert. Das war aber nur ein kurzer Aufenthalt von vier Semestern.

Sie wirken auch im Fernsehen sehr bodenständig. Besuchen Sie Ihre Geburtsstadt denn heute noch oder bleibt dafür keine Zeit?

Ich bin relativ regelmäßig in Wanne-Eickel, immer wenn es irgendwie geht und durch die „Aktion Mensch“ habe ich die Chance, Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen zu besuchen. Dafür war ich unlängst in Essen und dann ist es nach Wanne oder Bochum ja nur ein Katzensprung. Ab der Sauerlandlinie Ecke Lüdenscheid zieht mein Fahrzeug automatisch nach Wanne-Eickel (lacht). Ich bin unheimlich gerne im Ruhrpott, weil der dortige Menschenschlag sein Herz auf der Zunge trägt und so bin ich auch. Wenn ich einen alten Kumpel treffe, dann geht mir sofort das Herz auf.

Das ist bei mir nicht anders, wenn es um Bochum geht, wobei ich durch meine berufliche Tätigkeit auch schon seit Jahren viele Kontakte in Herne und Wanne-Eickel habe. Früher lebte dort auch so Einiges an Verwandtschaft?

Sie erwähnen Bochum. Da habe ich eine schöne Geschichte. Meine Frau hat beim THC im VfL Bochum mal in der Regionalliga Tennis gespielt. Das war damals in den 80-er Jahren die höchste deutsche Damen-Spielklasse. Dr. Priggert war damals der Präsident und ich erinnere mich sehr gerne an ihn. Mit Bochum begann für mich in dieser Zeit schon die große weite Welt an. Das „GATZ“ wurde für mich schnell zur Stammkneipe. Wenn es sich irgendwie ergibt, steige ich gerne im „Tucholsky“ ab. Wenn das Designhotel nicht ausgebucht ist und das berüchtigte Bermuda3Eck kenne ich wie meine Westentasch. Bochum hat eine richtig gute Kulturszene und es macht meiner Frau und mir immer wieder Spaß, dort auszugehen. Ich sage nur „Dönninghaus“, die berühmte Currywurst (lacht)!

Um Wanne herum ist Fußballhochburg angesagt. Gibt es da eine besondere Sympathie?

Klar, zu Schalke 04. Als Wanne-Eickeler schlägt Königsblau in mir und mit Rudi Assauer habe ich oft gesprochen. Leider geht es ihm nicht besonders gut, wie ja bekannt ist. Werner Hansch ist ein guter Freund von mir und ‚Wegbegleiter. Man glaubt es kaum, ich habe auch einen guten Draht nach Dortmund, kenne Reinhard Rauball seit Jahrzehnten und schließlich habe ich im Eisstadion neben der Westfalenhalle jahrelang trainiert. .

Im Ruhrpott befinden wir uns in der deutschen Fußballhochburg. Ein künstlich hochgezüchteter Verein wie RB Leipzig startet ohne Tradition von 0 auf 100 durch und Traditionsclubs wie Düsseldorf, Essen, Duisburg, Bochum, Münster und Oberhausen kämpfen jedes Jahr aufs Neue durch massive Sparmaßnahmen ums Überleben. Jammern hilft ja nicht. Wo müssen diese Vereine Ihrer Meinung nach ansetzen, um wieder dort hinzukommen, wo sie eigentlich aufgrund ihrer Tradition hingehören?

Das ist eine intelligente Frage. Ein guter Freund aus der Bundesliga hat mit mir darüber gesprochen. RB Leipzig hat auf vernünftigem Wege eine Lizenz erhalten und da stimmen die Voraussetzungen. Das ist nun einmal so, auch wenn es viele nicht hören wollen, was ich selbst auch durchaus nachvollziehen kann. Schalke 04 zum Beispiel hat Gazprom im Rücken und schauen Sie mal, wie holprig der Saisonstart verlaufen ist! Aber ich glaube inzwischen haben sie sich wieder ganz gut gefangen. Die von Ihnen genannten Vereine sind alle in der Hochzeit des Bergbaus groß geworden. Da gab es an jeder Straßenkreuzung acht Kneipen und die waren alle voll. Da wurde eine große Identifikation geschaffen, die sich auf die nächsten Generationen weiter übertragen hat. Natürlich kann man sich Tradition nicht erkaufen und es geht auch um eine gute Nachwuchsförderung. Auch das wird sicherlich beim RB Leipzig beherzigt werden. Die Vereine in NRW machen schon Vieles richtig im Rahmen ihrer Möglichkeiten und ich bin mir sicher, dass Einige wiederkommen werden.

Als Sportler waren Sie erfolgreich und folgten der Glitzerwelt von „Holiday on Ice“. Als Moderator sind Sie noch erfolgreicher. Denken Sie manchmal selbst, dass das Leben es mit Ihnen doch ziemlich gut gemeint hat?

Absolut und genau so kann ich das bestätigen. Meine Frau ist ja auch aus Wanne-Eickel und sie ist genauso geerdet und bodenständig wie ich. Wir sitzen manchmal beieinander und schauen in ein Glas Wein und sagen uns dann: „Ist doch toll gelaufen.“ Nichtsdestotrotz - jeder Mensch ist seines Glückes Schmied. Mir ist nichts in den Schoß gefallen. Das war harte Arbeit und es gab jede Menge Rückschläge. Sie wissen das ja selbst, im Leben eines Leistungssportlers gibt es mehr Rückschläge und Niederlagen als Erfolge, aber die positiven Dinge habe ich auf meiner Festplatte im Kopf gespeichert und die negativen schaue ich mir nicht mehr an und darüber denke ich auch nicht mehr nach – abhakte.

Im Endeffekt waren Sie als Eiskunstläufer ja schon im Showbusiness. Darf ich die Behauptung aufstellen, dass Sie die Karriere des Moderators dadurch lockerer geschultert haben?

Locker nicht, aber es war hilfreich. Es gab auch viele Hürden, aber Sie kennen das vielleicht, wenn man schon in jungen Jahren mit Publikum arbeitet, dann fällt es einem später schon etwas leichter. Bei meinem zweiten Engagement bei „Holiday on Ice“ wurde ich Confèrencier der Show eingesetzt. Diese Rolle ergab sich zufällig Ich war verletzt und konnte in Münster nicht auftreten. Deshalb bat der damalige Präsident mich darum, vors Publikum zu treten, um meinen Ausfall zu begründen. Man drückte mir auch einen Text in die Hand, den ich ablesen sollte. Den Zettel habe ich weggeworfen und den Leuten mit eigenen Worten erzählt, warum ich nicht laufen kann. Das kam offensichtlich glaubwürdig rüber und ich erhielt das Angebot, in der Show nicht nur auf Kufen aufzutreten, sondern auch als Moderator durch den Abend zu führen. So war das, eines kam zum anderen, auch der Weg zum Fernsehen.

Dann kam das Angebot von Aktenzeichen XY. Machen wir uns Nichts vor, Anfang der 2000-er Jahre war die Sendung angestaubt und reif für die Mottenkiste. Mussten Sie lange überlegen, bevor Sie zusagten oder war es Ehrensache, diesen großen Namen aufrecht zu erhalten?

Ich musste überlegen. Es war mir klar, dass mit dieser Sendung für mich eine Weiche gestellt wird. Ich war dafür verantwortlich, diese Weiche selbst zu stellen. Mit einem tollen Team, super Schauspielern und engagierten und sehr kreativen Leuten haben wir die Sendung neu aufgestellt. Der Erfolg gibt uns Recht. Aktenzeichen XY bringt die gewünschte Quote und Aufmerksamkeit. Die Sendung stand damals auf der Kippe und Frank Elstner riet mir eindringlichst, das Angebot anzunehmen mit den Worten: „Machen Sie das. Diese Chance bekommen Sie nur einmal im Leben. 20:15 Uhr und Primetime. Machen Sie was aus der Sendung“. Es hat funktioniert. Heute steht Aktenzeichen XY…ungelöst bestens da.

Sie sagten einmal, die Aufklärungsquote sei Ihnen wichtiger, als die Einschaltquote. Sieht der Sender das genauso?

Der Sender möchte natürlich, dass Alles zusammen passt. Wir sind bescheiden und bodenständig mit der Sendung und auf Sachlichkeit bedacht. So wie es jetzt läuft, sind alle Beteiligten sehr zufrieden und die Aufklärungsquote hat zugenommen. Das freut uns natürlich, weil wir alle unseren Beitrag dazu leisten.

Sie haben eine Menge im Leben erreicht. Gibt es denn noch persönliche Wünsche?

Mehr Zeit. Aber mal ehrlich, ich habe wirklich Alles erreicht und ich darf behaupten, dass ich wunschlos glücklich bin. Ich möchte einfach nur mit meiner Familie gesund bleiben und irgendwann noch ein bisschen reisen und das Leben genießen.

Ein schöner Abschluss Herr Cerne.

Danke. Grüßen Sie Ihre Leser von mir und Glück Auf in den Pott