bochum macht spaß
Foto: Michael Grosler

Auftrag Universum – Ein Besuch in der Sternwarte

Im Gespräch mit Thilo Elsner

Interview:

Oliver Bartkowski

Fotos:

Jaroslava Hašková - Mapio.net

Die Sternwarte im Stadtteil Sundern ist ein starkes Stück Bochum. Thilo Elsner ist Nachfolger des legendären Professor Kaminski, dem damaligen Gründer der Bochumer Sternwarte. Wir sprachen mit dem heutigen Chef der Bochumer Sternwarte über Arbeit, Erfolg und die eigentliche Bedeutung der riesigen, knapp 20 Meter hohen Parabolantenne, welche sich unter dem Radom „versteckt“.

Herr Elsner, wie sind Sie denn überhaupt der Leiter der  Sternwarte Bochum geworden?
Also, erst einmal bin ich ein Bochumer Junge und nebenan, also hier in Sundern, groß geworden. Mit meinen Eltern
bin ich hier ein und ausgegangen und Professor Kaminski und die Sternwarte waren ein Stück Nachbarschaft.

Sie kannten Herrn Kaminski damals schon persönlich?
Persönlich nicht, ich kannte aber die Einrichtung. Es gab den ersten Space Shuttle Start 1981, dann gab es das ZDF
Ferienprogramm mit Kaminski und es gab jede Menge Kinderangebote. In diesem Rahmen bewegte ich mich hier. Ich
habe in Bochum Jura studiert und auch abgeschlossen und war schon Mitte der 90-er Jahre am Institut für Berg- und
Energierecht als studentische Hilfskraft tätig und gleichzeitg war ich seit meiner frühesten Kindheit Funk-Amateur.
Da beginnt dann auch die ganze Geschichte. Mein älterer Bruder und ich waren auf der Erich Kästner Schule. Dort
haben wir unser ABI gemacht und es gibt noch immer an der Universität eine Vereinigung der Funk-Amateure. Aufgrund
der Tatsache, das mein Bruder fünf Jahre älter als ich ist, stieß er an der Uni zu den Funk-Amateuren und ich war bereits mit 14 oder 15 Jahren dank einer Ausnahmegenehmigung durch die Oberpostdirektion in Dortmund durch eine entsprechende Ausbildung mit einer Funk-Lizenz aktiv. An der Erich Kästner Schule habe ich dann in der 11. Klasse eine Satelliten-Empfangsstation aufgebaut und habe von dort weltweiten Funkverkehr betrieben. Das war immer so eine Affinität von mir und es gab eine Gruppe in Bochum, die gemeinsam mit der AMSAT in Marburg Satellitenprojekte koordiniert und durchgeführt hat. Dort wurden Amateur-Funksatelliten gebaut, die über Bochum koordiniert wurden und so kam ich der Sternwarte immer ein Stückchen näher (lacht). Ein Mitglied aus dieser Gruppe war auch an der Uni an dem Projekt Teilchenbeschleuniger beteiligt und dort hat man mir im Rahmen dieser Arbeit Alles beigebracht, von Morsen bis Hochfrequenztechnik.


Hatten Sie zu Hause Unterstützung durch Ihre Eltern?
Absolut. Man kann sich das überhaupt nicht vorstellen. Das Dach war vollgepackt mit Antennen und ich habe versucht,
alles was geht, zu empfangen.

Jura haben Sie dann beruflich nicht praktiziert?
Nein, ich war dann aber ziemlich schnell wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni in Köln. 1995 lernte ich hier
im Hause Dr. Krüger kennen, als Herr Kaminski einmal nicht anwesend war. Er war ein omni-gebildeter Mensch,
der mir wirklich Alles beigebracht hat. Dieser war damals hauptamtlich pädagogischer Mitarbeiter und er war u.a.
Meterologe und Geograf und dieser führte mich in die Meteorologie ein, erklärte mir, wie man Wetterkarten zeichnet
und ich war derjenige, der ihm wieder den stillgelegten Fernschreiber anschloß. Es fehlte quasi der Techniker im
Haus und der wurde ich dann sozusagen. So lernte ich das Weiterbildungspersonal kennen und irgendwann lernte ich
dann auch Herrn Kaminski persönlich kennen. Was mich natürlich am meisten interessierte, war die 20 Meter Parabolantenne. Irgendwann spielte man dann mit den kleinen Antennen, später kam die Frage auf, was man denn mit
dieser großen Antenne überhaupt machen könnte. Die Antenne war in die Jahre gekommen und es gab einen
Reparaturstau, sodass ich mit Herrn Kaminski Kontakt zum Hersteller Thyssen Krupp aufnahm und dieser sich sehr kooperativ zeigte. Ab 1996 haben wir angefangen, die Antenne von der Mechanik an zu überholen und später kam
es noch zu einem Schaden an der Hülle, also dem Radom. Dieser wurde behoben und ab ca. 2000 war dann Alles wieder
voll betriebsbereit. Später übergab Herr Kaminski das Institut dann an mich und ja, bis heute bin ich hier und die Arbeit macht mir nach wie vor sehr viel Spaß.

Vor einigen Jahren haben Sie dann mit dieser unglaublichen Antenne erstmals Signale eines anderen Planeten empfangen. Es war die Venus, richtig?
Genau. Wir bereiten uns eigentlich immer noch auf eigenständige Mars-Missionen vor. Das Hauptproblem, was
man bei einer solchen Mission hat, ist das Tracking, sprich die Positionierung zum Empfang eines Raumschiffes. Wir
wussten, wenn wir die Venus erreichen, müssten wir auch die Signale zurück bekommen. Letztendlich war das Besondere
aber, zu erfahren, ob unsere Bahnverfolgung überhaupt funktioniert. Es gab wissenschaftliche Experimente in den 60-er Jahren in Frankreich und diese wurden letzlich abgebrochen. Dort ging man immer davon aus, dass es bei der Venus klappen könnte. Wir haben es dann geschaft.


Bahnverfolgung bedeutet, dass Sie das Signal permanent begleiten können?
Richtig. Das besondere an der Antenne ist, dass man in der damaligen Zeit keine Vollspiegel gebaut hat. Man muss
sich das so vorstellen, dass hier bei uns die Oberfläche aus Komplettmaterial ausgefüllt ist. Man hat damals eher Lochspiegel benutzt, um Gewicht zu sparen. Das ist mit dieser Antenne heute unser Vorteil. Dadurch haben wir keine Frequenzbegrenzung. Die aktuelle Raumfahrt spielt bei ca. 8 Gigaherz, die damaligen Lochspiegel empfingen nur bis 4
Gigaherz und die strahlen theorethisch durch. Das Radom, also die Schutzhülle stört hier etwas, aber das kann man
rausrechnen. Die Empfangsqualität ist heute besser geworden und man braucht heute die Mechanik. Wir führen mit
dieser Antenne interplanetare Missionen durch und durch unseren Erfolg und die Arbeit sind wir auch im ständigen
Austausch mit der NASA, die sehr dankbar für unsere Daten ist. Die langjährige Zusammenarbeit mit der NASA ist
auch eine Bestätigung für unsere gute und verwertbare Arbeit. Seit 2009 empfängt die Anlage jeden Tag Daten für
die NASA, die direkt über das DLR gefördert in die USA gehen. Dazu kommt auch die Sonnebeobachtung.


Sie tauschen sich permanent mit der NASA aus?
Wir sind Bodenstation für die NASA. Die NASA hat das Problem, dass sie mehr Missionen haben, als Empfangsstationen
und sie hätten gewisse Daten gar nicht zur Erde bekommen und für die Sonnebeobachtungssatelliten Stereo A und
Stereo B haben wir mehr Empfangskapazität als die NASA zur Zeit selbst. Wir arbeiten auch an der Erforschung
des Weltraumwetters und an einem Satelliten für Katar, der passend zur Weltmeisterschaft von Bochum aus konfiguriert und gesteuert wird.


Wie finanziert sich das Ganze?
Wir sind zum einen eine Volkshochschule in privater Trägerschaft und damit erfüllen wir die Bildungsleistung, zum
anderen sprechen wir von Drittmitteln. Wir machen auch Projekte für Baden Württemberg mit dem Thema Bilder
aus dem All, es gibt ein Landesgartenschauprojekt und es gibt Forschungsprojekte. Es ist eine Mischfinanzierung und
wir sind entsprechend breit aufgestellt. Aktuell arbeiten bei uns schon ein paar Angestellte und dazu noch Teilzeitkräfte,
die einen entsprechenden Auftrag haben. Auch das Ehrenamt ist ein wichtiger Bestandteil.


Seid ihr auch für Publikumsverkehr geöffnet?
Ja, ständig. Das Radom kann man während der Woche, außer montags, jeden Tag besuchen. Den Samstag haben wir
allerdings rausgenommen, denn da spielt schließlich der VfL und man geht einkaufen (lacht). Es kommen natürlich
auch viele Schulen und Studenten zu uns.

Danke für das Interview.

Herzlich gerne!

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